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Meine Schwester Diane ist am 14.04.2025 mittels assistiertem Freitod gestorben.

 

Bis zum Ende habe ich sie nicht als die schwerstkranke Person gesehen, die sie war. Ihre Sprachnachrichten hörte ich über die Jahre auf immer schnellerer Abhörgeschwindigkeit an bis auch die zweifache Geschwindkeit fast zu langsam war. Bis auf ein einziges Mal ganz zu Beginn unserer Reise sah ich sie immer nur im Dunkeln und unter ihrer Decke. Ich sah ihren abgemagerten Körper nicht. Nicht ihr Gesicht. Nicht ihre Haut, nicht ihre Augen. Nicht ihre nach ihrem Suizidversuch zusammengeflickten und nicht mehr funktionierenden Körperteile. Zu Beginn ihres Sterbetermins wurde sie gefragt, ob sie heute wirklich sterben möchte oder ob das Team ein anderes Mal wiederkommen soll. Sie antwortete ganz klar mit einem „Ja“. Für mich in dem Moment und noch immer völlig surreal und kaum greifbar.

 

Es war ihre Sterbe-Entscheidung. Ein Wunsch war es nicht. Ihr sehnlichster Wunsch war es zu leben. Gesund zu leben. An den Strand zu fahren. Am Feuer zu sitzen. Ihre Lieblingsmusik in voller Lautstärke zu genießen. Trommelgeräusche durch ihren Körper vibrieren zu fühlen. Frischen Fisch vom Markt zu essen. An Weihnachten Raclette zu machen. Durch den Wald spazieren. Joggen zu gehen. Rapsfelder anschauen. Durch die heimische Landschaft zu fahren. Cola zu trinken. Am Morgen frische Brötchen und aufgebrühten Kaffee zu genießen. 

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Ich wache oft morgens auf und denke daran, dass ich keine Schwester mehr habe. Niemanden mit dem ich noch lange die Erinnerungen an andere Familienmitglieder, an unser einstiges Zuhause teilen kann. Sie fehlt mir sehr. Das zumindest weiß ich schon. Was für eine schlimme Geschichte sie, ihre Familie und auch ich da durchgemacht haben und noch müssen, das sickert nur langsam durch. Meine Schwester wurde von allen Stellen vergessen. Sie wurde allein gelassen und vegetierte vor sich hin, sodass nur noch der Tod als Erlösung blieb. 

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Meine Gedanken sind bei allen Erkrankten und ihren Familien und Freunden, die in ähnlichen Situationen sind. Ich wünsche Euch viel Kraft auf diesem Weg. 

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